In der Whisky-Bibliothek
Das Fife Arms Hotel in Schottland
Tief in den schottischen Highlands steht seit 160 Jahren das Hotel Fife Arms. Es ist eine Mischung aus rustikalem Landhaus und moderner Kunstgalerie – vor allem aber auch ein Ort, wo man Whisky trinkt. In der Bertie’s Bar wird einem das schottische Nationalgetränk näher gebracht als sonst irgendwo. Text von Peter Stäuber mit Bildern von Horst A. Friedrichs aus London und Braemar.
Die schottische Reise beginnt an einem ungewöhnlichen Ort. Das Londoner Nobelquartier Mayfair, wo Lamborghinis vor Luxushotels parken und elegant gekleidete Leute in Wolken aus Parfum durch die Gassen stolzieren. Im Audley Public House, an der Mount Street gelegen, sitzen die Gäste an diesem frühen Abend an der Bar und trinken Ales, Lager oder Weißwein.
Aber steigt man in den Lift und fährt in den dritten Stock hinauf, sind die Highlands auf einmal ganz nah. Getäfelte Holzwände, darüber karierter Schottenstoff in roter und grüner Farbe. Ölgemälde von Moorhühnern und wolligen Hochlandrindern, die zwischen Heidebüschen grasen. An der Decke hängt ein neun Meter langer Kronleuchter, gefertigt aus Dutzenden Hirschgeweihen. Auf dem handgeschnitzten Eichentisch stehen säuberlich angeordnet einige Gläser Whisky, daneben Flaschen mit dem neusten Destillat aus Schottland: Ein Single-Malt-Whisky aus der Dailuaine Distillery im hohen Norden des Landes. Es ist ein exklusives Getränk, ein sogenannter Single-Cask-Whisky, also einer, der aus einem einzigen Fass stammt. Es gibt nur 353 Flaschen davon. Die etwa zehn geladenen Gäste riechen am Glas, nippen vorsichtig, und vorne am Tisch kommt Mark Shedden ins Schwärmen. Shedden ist der Manager von „Bertie’s“, der Whiskybar im Fife Arms Hotel, 650 Kilometer weiter nördlich gelegen. Der Single-Cask, der heute in London vorgestellt wird, trägt das Siegel des Hotels – es ist der zweite Whisky, den das Fife Arms auf den Markt bringt.
„Wunderbares Teakholz“, sagt Shedden, ein großgewachsener Mann mit Bart und Brille, als er am Glas riecht. „Dahinter kommt eine Note Leder. Aber wenn man einen Schluck nimmt“ – die Gäste schlucken artig – „dann macht der Whisky etwas anderes: Schokolade, Kirsche, Schwarzwälder Torte.“ Der Whisky sei bewusst stärker gehalten, 50.5 Prozent Alkohol. Das habe den Effekt, dass es „am Gaumen etwas mehr Aktivität gibt“, wie Shedden erklärt. Der Single-Cask erinnere ihn stark an seine Bar im Fife Arms. Er stelle sich einen frostigen Winterabend vor, den er dort verbringt, vor dem brennenden Kaminfeuer, in der Hand ein dram. Nach der Degustation, wenn man wieder ins Londoner Nachtleben tritt, macht sich Enttäuschung breit. Viel lieber würde man jetzt selbst inmitten des schottischen Hochlands weilen und einige Gläser Whisky kosten. Am besten vielleicht genau in jener Bar, von der Mark Shedden so viel erzählt hat.
Eine Woche später kurvt das Auto entlang einer schmalen Landstraße im Cairngorms-Nationalpark. Der Fluss Clunie schlängelt sich durch das karge Gebirge in den östlichen Highlands, links und rechts steigen Hügel empor. Heidenbüsche überall, hier und da grasen kleine Schafsherden. Das Auto muss zuweilen anhalten, wenn eines der Tiere die Straße überquert. Auf den höchsten Gipfeln liegt Schnee, er sieht aus wie Puderzucker. Irgendwann weitet sich das Tal und der Blick wird frei auf Braemar. Es ist ein 450-Seelen-Ort inmitten der Cairngorms, bekannt für das Schloss aus dem 17. Jahrhundert und die kalten Winter – im vergangenen Dezember sank das Thermometer hier auf -15 Grad. Ganz so frostig ist es an diesem Tag im frühen November noch nicht, aber die Sonne ist schon hinter den Bergen verschwunden. Zeit, irgendwo unterzukommen.
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