Große Blindverkostung: Die irische Whiskey-Renaissance auf dem Prüfstand

Man hört es allenthalben: Kein Segment wächst stärker als der des irischen Whiskeys. Man merkt es auch an der Flut der News: neue Abfüllungen hier, neue Marken da, neue Namen und neue Brennereien sowieso. Mit unserem „Letter from Ireland“ haben wir dies über Jahre aufbereitet. Doch irgendwann kommt der Moment, da hilft nur ein Test. Da muss die ganze neue Herrlichkeit auf den Prüfstand. Wir haben so 55 irische Whiskeys – neue wie altbekannte – getestet und verglichen. Die Ergebnisse werden überraschen. Von Heinfried Tacke.

 

Man darf sich eine Blindverkostung nicht vorstellen wie eine Art klösterliche Einkehr. Natürlich verlangt sie nach strengen Regeln. Keiner der Juroren dürfte auch nur im Ansatz wissen, welche Tropfen er gerade verkostet. Allein das erfordert viel Aufwand für durch und durch verborgene Proben. Doch auch sonst ist das Ansinnen, so viele Einflüsse wie möglich auszuschließen. Heißt im Übrigen auch, dass es sich von selbst versteht, dass die Juroren während der Verkostung und Bewertung schweigen und auch nicht durch Räuspern oder Ähnliches ihre Meinung durchblicken lassen. So viel Fairness und Respekt vor dem eigenständigen Urteil der Jurykollegen muss schon sein und ist Teil der Übung. Doch muss dies nicht heißen, dass man sich nach einem Flight nicht miteinander austauschen darf. Im Gegenteil! Auf diese regulären Runden nach den Durchläufen legen wir von uns aus sogar großen Wert. Denn die Einsichten werden dadurch eher mehr als weniger. Auch etwaige Unklarheiten werden so gleich ausgeräumt und das jeweilige Urteil schärft sich gar noch durch diesen Austausch. Blind-Verkostungen sind somit nicht nur rein numerische Veranstaltungen. Nein! Sie sind genauso auch auf qualitative Erkenntnisse aus.

 

Zum Ausleseverfahren
Ich stelle dies übrigens nicht nur um der Transparenz willen dar. Es gibt mir zugleich die Gelegenheit, einen Moment aufzugreifen, der sich dabei so etwa nach dem siebten Flight ereignete. Einer der Juroren musste sein Staunen über die ungeheure Vielfalt sowie Dichte der Proben zum Ausdruck bringen. Wie man das überhaupt so hinbekäme, wollte er wissen. Gute Frage! Gut auch deswegen, weil ich damit wiederholen kann, was ich schon vor Ort sagte: Eine Verkostung in diesem Umfang gelingt nur als gemeinschaftliches Werk. Mit Patrick Tilke als Partner hat sich da in den letzten Jahren viel eingespielt. Doch noch mehr war in diesem Fall seine so profunde Kenntnis des irischen Whiskeys hilfreich. Aus seiner ersten Liste von über 150 Whiskeys fiel zunächst eine engere Wahl auf 100 von ihnen, um dann mit jedem weiteren Ausleseschritt zunehmend auf jene 55 Whiskeys verdichtet zu werden, die nun zum Vergleich anstanden. Heißt somit auch für die Leser: Man kann gut und gern annehmen, dass bei dieser Blindverkostung das derzeitige Spektrum an irischen Whiskeys größtmöglich abgedeckt wurde. Vermutlich auch beispielhaft ...

 

Das Fürstenberg’s Irish Pub in Schwenningen
Doch bevor wir in medias res der Verkostung gehen können, gehören noch Ort und Juroren vorgestellt. Beides prägt eine derartige Veranstaltung wesentlich. Vor allem der Ort will gut gewählt sein. Die Durchführung stellt für sich Bedingungen. Und ein guter Rahmen trägt zum Gelingen bei. Hätten wir es also besser treffen können mit unseren zwei Gastgebern Werner Hergert und Michael Steiger vom „Fürstenberg’s Irish Pub“ in Schwenningen? Wohl kaum! Beide sind bekannte Vollblutgastronomen, seit mehr als zwei Jahrzehnten im Geschäft und überdies Gründungsmitglieder des „German Chapter“ der „Irish Pub Association“. Mit ihren drei Adressen in Villingen, Schwenningen und Tuttlingen zählen sie fraglos zu den Vorreitern dieser Szene in Deutschland. Ganz zu schweigen davon, dass bei ihnen Whiskey bzw. Whisky immer schon eine große Rolle spielte. In ihrem Schwenninger Pub arbeitet dafür eigens ein junger „Whisky-Sommelier“, der für die richtige Beratung im Alltag sorgt, aber auch regelmäßig Tastings im Monat durchführt.

 

Vereinte Jury-Kompetenz …
Es stand so völlig außer Frage, dass wir neben dem Gastgeber Werner Hergert auch diesen jungen Whisk(e)y-Enthusiasten für die Jury haben wollten. Ein zweites, junges und weibliches Pendant zu Martin Kunzelmann musste uns leider am Morgen vor der Verkostung kurzfristig absagen. Damit fiel uns ein Vertreter von der der Seite der Whisky-Shops leider aus. So stellte die achtköpfige Jury-Gruppe am Ende einen Mix dar aus zwei Vertretern von Whiskey-Importeuren aus der Schweiz und Deutschland, dazu drei sehr unterschiedliche Repräsentanten aus der Pub- und Barszene sowie drei Vertreter unseres Magazins, namentlich:

Oliver Strekeisen DIWISA SA (CH), Verkaufsleiter Premium Brands
Michael Rennies Borco-Marken-Import (HH), Senior Brand
Manager
Patrick „Paco“ Braun Bartender & Spirituosen-Sommelier, Konstanz
Martin Kunzelmann Whisky-Sommelier, Fürstenberg’s Irish Pub
Werner Hergert Besitzer Fürstenberg’s Irish Pub
Christian H. Rosenberg Chefredakteur & Herausgeber „Whisky Time“ (CH)
Dr. Heinz Weinberger Autor „Der Whisky-Botschafter“ & „Whisky Time“
Heinfried Tacke Chefredakteur „Der Whisky-Botschafter“

Die Durchführung und Datenauswertung der Verkostung vor Ort lag in den Händen von Patrick Tilke.

 


… und eine konzentrierte Qualität verschiedenster Proben
Im Vorfeld war mit viel Bedacht die Auswahl und Zusammensetzung der Verkostungsrunden entwickelt worden. Am Ende fiel so auch die Entscheidung, für alle aktuell einschlägigen irischen Whiskystilistiken bzw. -sorten jeweils eigene Durchläufe (Flights) zusammenzustellen. Dieses Vorgehen gewährte für die Proben nicht nur die größtmögliche Vergleichbarkeit. Im Nebeneffekt erlaubte es eigene Rückschlüsse in den jeweiligen Kategorien. Etwa: Wer setzt sich bei den Irish Blended Whiskeys durch? Wer beim ureigenen irischen Stil der Single Pot Still Whiskeys? Wer bei den „Old & Rare“? Auch „Finishings & Specials“ wurden gesondert betrachtet. Und nicht zuletzt irische Single Malt Whiskeys in zwei Altersstufen. Ebenso „Cask Strength“-Abfüllungen. Keine Frage: Diese Systematik versprach höchst interessante Ergebnisse – gerade auch im Vergleich von vertrauten Namen und Produkten auf der einen Seite mit diversen Neuheiten oder Innovationen auf der anderen. Man kann schon vorwegnehmen: Diese Erwartung wurde keineswegs enttäuscht. Im Gegenteil!

 

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