InterWhisky 2024
Wenn zusammenkommt, was zusammengehört
Es war eine Überraschung und für manche auch ein kleiner Schock, als vor einem Jahr bekannt wurde, dass die InterWhisky künftig nicht mehr in Frankfurt, sondern in Wiesbaden stattfinden würde. Wiesbaden? Dass es in der Nähe von Frankfurt am Main eine Stadt dieses Namens gibt, dürfte allgemein bekannt sein. Ansonsten aber steht Wiesbaden oft im Schatten von Frankfurt. Dabei ist Wiesbaden nicht nur die Landeshauptstadt von Hessen, sondern gehört mit seinen zahlreichen Thermal- und Mineralquellen zu den ältesten Kurbädern Europas!
Das mag ja alles zutreffen, aber kann die InterWhisky einfach so von Frankfurt nach Wiesbaden wechseln? Gehören Frankfurt und InterWhisky nicht von Anfang an zusammen? Ist die InterWhisky überhaupt noch dieselbe, nachdem sie von Frankfurt nach Wiesbaden umgezogen ist? So berechtigt diese Fragen auch sein mögen, so klar sind sie zu beantworten: Ja, die InterWhisky ist auch in Wiesbaden dieselbe wie bisher: Sie war, ist und bleibt ein Fest des Whisk(e)y-Genusses sowie ein Familientreffen der (inter-)nationalen Whisk(e)y-Community!
Schwierige Entscheidung
Der Gründer und Veranstalter der InterWhisky, Christian H. Rosenberg, hat sich die Entscheidung zum Ortswechsel alles andere als leicht gemacht. Ausschlaggebend dafür war letztlich die Erkenntnis, dass die InterWhisky nicht nur den Kinderschuhen entwachsen ist, sondern mittlerweile eine Grösse erreicht hat, die die Möglichkeiten des Gesellschaftshauses Palmengarten, in der sie in den letzten Jahren zu Hause war, schon länger überstieg. Insbesondere die regelmässig am Messe-Samstag drohende Überfüllung der Räumlichkeiten bedurfte dringender Abhilfe.
Natürlich hätte Frankfurt mehr als genug grössere Räumlichkeiten zu bieten gehabt. Es stand aber ausser Frage, dass irgendeine nüchterne Messehalle oder ein schmuckloser Veranstaltungssaal der InterWhisky nicht gerecht werden würde. Ein Genussmittel wie Whisky, das auf eine derart unvergleichliche Geschichte und Tradition zurückblicken kann, bedarf einfach eines angemessenen Rahmens. Den bot sowohl das Gesellschaftshaus Palmengarten als auch das zuvor genutzte Palais Thurn und Taxis, den bietet aber umso mehr das Kurhaus in Wiesbaden.
Prachtvolles Ambiente
Als das heutige Wiesbadener Kurhaus im Jahr 1907 eröffnet wurde, nannte es niemand Geringerer als der Deutsche Kaiser Wilhelm II., der jedes Jahr hierherkam,
„das schönste Kurhaus der Welt“. Zu diesem Zeitpunkt blickte die Kurstadt Wiesbaden allerdings schon auf eine lange Geschichte zurück. Schon die Römer kannten und nutzten die insgesamt 15 Thermal- und Mineralquellen, die hier entspringen. Anders als viele andere römische Bäder blieb das Wiesbadener auch im Mittelalter in Gebrauch. 1810 wurde das sogenannte Alte Kurhaus errichtet.
Das heutige, ab 1905 vom Architekten Friedrich von Thiersch im Stil des Neoklassizismus errichtete Kurhaus besteht aus einem ganzen Komplex von Sälen, Gängen und Gesellschaftsräumen. Der grösste und prächtigste unter ihnen ist der nach seinem Erbauer benannte 40 Meter lange Festsaal. Hier und in den umliegenden Räumlichkeiten fand die 25. InterWhisky ein rundum angemessenes Domizil – angemessen ihrer Bedeutung, angemessen ihrem Jubiläum, angemessen aber nicht zuletzt auch der ebenso traditionsreichen wie kostbaren Spirituose Whisk(e)y.
InterWhisky Aftermovie 2024
Beispielloses Jubiläum
Die InterWhisky fand erstmals 1997 statt, damals noch im Frankfurter Hotel Maritim, und war ein durchaus gewagter Versuch und ein mutiges Experiment. Denn als weltweit erste Messe ihrer Art stellte sie eine echte Pionierleistung dar! Allerdings wechselte sie schon nach der zweiten Neuauflage 2001 aufgrund der hohen Nachfrage vom anfangs praktizierten zweijährlichen in den jährlichen Rhythmus – und zugleich für ein ganzes Jahrzehnt ins Hotel Intercontinental, bevor sie von 2012 bis 2014 im Palais Thurn und Taxis ein vorübergehendes Zuhause fand.
2015 stand ein erneuter Ortswechsel an, diesmal in das historische Gesellschaftshaus Palmengarten. Hier fand die InterWhisky insgesamt acht Mal statt, unterbrochen von einer durch die Corona-Pandemie bedingten Zwangspause im Jahr 2021. Obwohl die InterWhisky damit auf eine immerhin 27-jährige Geschichte zurückblicken kann, fand sie 2024 also zum 25. Mal statt. Ein solches Jubiläum konnte bislang noch keine andere Whisky-Messe feiern – und es wird auch noch einige Zeit dauern, bis ihr andere Whisky-Messen darin gleichtun können.
Zurück zu den Quellen
Dabei könnte es wohl kaum einen passenderen Ort für eine Whisk(e)y-Messe geben als ausgerechnet eine Kurstadt, noch dazu eine der bedeutendsten Kurstädte Mitteleuropas. Whisk(e)y bedeutet ja bekanntlich „Wasser des Lebens“ und wurde ursprünglich nicht als Genuss-, sondern als Heilmittel entwickelt. Als Heilmittel dienten und dienen auch die in Wiesbaden entspringenden Thermalquellen, von denen sich Menschen seit alters her Erholung vom Alltagsstress und Linderung ihrer Gebrechen – kurz: eine Verbesserung ihrer Lebensqualität erhofften.
Insofern kam mit dem Wechsel der InterWhisky ins Wiesbadener Kurhaus zusammen, was zusammengehört! Und tatsächlich konnte man, wenn man sich ein wenig orientiert hatte, sehr schnell den Eindruck gewinnen, als gehörten das Wiesbadener Kurhaus und die InterWhisky von jeher zusammen. Das fanden zum Beispiel auch Jasmin und ihr Freund Khalid aus Darmstadt, die schon öfters auf der InterWhisky waren: „Das Kurhaus ist echt wie geschaffen für eine Whisk(e)y-Messe“, meinte Jasmin, und Khalid ergänzte: „Also wir finden‘s hier jedenfalls richtig toll!“
Besondere Atmosphäre
Die besondere Atmosphäre der InterWhisky speist sich von jeher aus drei Quellen: Die erste ist natürlich der Whisk(e)y selbst, der stets in zahllosen Varianten verkostet werden kann. Mindestens genauso wichtig aber ist die Begegnung mit anderen Whisk(e)y-Liebhaberinnen und -Liebhabern. Robert und Horst zum Beispiel – der eine wohnt in Würzburg, der andere in der Nähe von Fulda – verabreden sich jedes Jahr auf der InterWhisky, wo sie sich vor mehr als einem Jahrzehnt auch kennengelernt haben. „Für uns ist das immer ein Highlight“, fand Horst.
Die dritte Quelle, aus der sich die besondere Atmosphäre der InterWhisky speist, ist die von jeher starke Präsenz der internationalen Whisk(e)y-Prominenz. So konnte man in diesem Jahr etwa Dr. Rachel Barrie begegnen, Master Blender von Glendronach, Glenglassaugh und Benriach. Nicht zum ersten Mal war
Gordon Dundas von Ian MacLeod Distillers Ltd. da, um unter anderem die diesjährige Jubiläums-Abfüllung zu präsentieren: einen grossartigen, 13 Jahre lang im Ex-Sherry-Fass gereiften und mit einem Alkoholgehalt von 56,7 % abgefüllten Glengoyne.
Inspirierende Begegnungen
Von weither angereist waren ausserdem Andrew Wallace (Kilkerran), Shilton Almeida (M&H), Mathew Cordiner (Aberfeldy und Craigellachie), Duncan Grant (Glenfarclas), Ryan Johnston (Ardnahoe), Andrew Lennie (Jura) und viele andere mehr. Unter den vielen in der Whisky-Szene bekannten Gesichtern aus Deutschland ragten unter anderem Sebastian Büssing (Loch Lomond), Gerald Erdrich (Kammer-Kirsch), Markus Heinze (William Grant & Sons), Timo Lambrecht (Bremer Spirituosen Contor), Thomas Plaue (Highland Park) und Ewald Stromer (Bruichladdich) heraus.
„Das ist schon toll, mit Leuten zu reden, die echt was vom Whisky verstehen“, freute sich Leon aus Heilbronn – und seine mit ihm angereisten Freunde Yannik und Lukas ergänzten: „Wenn die einem dann noch einen ganz besonderen Dram einschenken, dann weiss man, dass sich die Fahrt gelohnt hat.“ Besondere Drams konnte man ebenfalls in den zahlreichen Whisky Foren, Master Classes und Grand Master Classes probieren, die, wie die gesamte Messe, erfreulich viel Anklang fanden. Sowohl der Veranstaltungsort als auch das Angebot passten offenbar.
Vielfältige Genusserlebnisse
Als echtes Highlight erwies sich die neue Raucherlounge, die von der Scandinavian Tobacco Group betrieben wurde. Dass im vergangenen Jahr aufgrund der räumlichen Vorgaben erstmals keine Raucherlounge mehr angeboten werden konnte, hatte viel Bedauern und Kritik hervorgerufen. Das Veranstaltungsteam um Christian H. Rosenberg hatte daraufhin alles in Bewegung gesetzt, um Abhilfe zu schaffen – und zwar mit Erfolg. Dass sich die Raucherlounge jetzt im Aussenbereich befand, erwies sich dank eines beheizbaren Zeltes mit Fussboden nicht als Nachteil.
Aber auch an den zahlreichen und üppig bestückten Messeständen gab es viel zu sehen, zu bereden und zu geniessen. Wiederum hatten sich mehr als 80 Unternehmen eingefunden, um ihre Klassiker ebenso wie ihre Neuheiten zu präsentieren. Darunter waren die grossen Player auf dem Whiskymarkt ebenso vertreten wie die kleinen, die mit manchem Geheimtipp aufwarten konnten. „Man sollte ja am besten aufhören, wenn es am schönsten ist“, gab Philipp aus der Nähe von Giessen zu bedenken, bevor er sich noch ein letztes, ein allerletztes Dram einschenken liess.
Auf Wiedersehen 2025
Das Angebot war einfach zu verlockend. Wer könnte schon widerstehen, wenn etwa Mick Swanney, Distillery Manager der Scapa Distillery, eine lang ersehnte „Signature Range“ mit einem 10-jährigen, einem 16-jährigen und einem 21-jährigen Scapa-Whisky präsentiert? Oder wenn Brand Ambassador Mark Armin Giesler mit dem Besten aufwartet, was die Laphroaig Distillery zu bieten hat? Die Liste der Highlights liesse sich noch lange fortsetzen. Aber zweifellos wird die InterWhisky auch im kommenden Jahr so gut wie keinen Wunsch unerfüllt lassen.
Denn so viel steht bereits fest: 2025 wird die InterWhisky vom 14. - 16.11. erneut im Kurhaus Wiesbaden stattfinden. Trotz allem, was Frankfurt den Whisky-Liebhaberinnen und -Liebhabern über viele Jahre hinweg zu bieten hatte, hat Wiesbaden zumindest nicht weniger zu bieten. Das Kurhaus Wiesbaden mit seinem historischen Ambiente, seiner zeitgemässen Infrastruktur und seiner deutlich grösseren Ausstellungsfläche als bisher wusste jedenfalls zu begeistern. Insofern bleibt nur noch zu wünschen und zu hoffen: Auf Wiedersehen bei der nächsten InterWhisky in Wiesbaden!
Fotogalerie
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Autor
Dr. Dr. Wolfgang F. Rothe